Proficampus, Sportfeld und Pitino: Weiter offene Fragen

Screenshot: FCS-TV

Es ist eine erste Annäherung an die von Mitgliedern und Fans geforderte Transparenz: Auf einer Pressekonferenz hat sich das neu bestellte Präsidium des 1. FC Saarbrücken erstmals zur Berichterstattung um den Proficampus geäußert, in der jüngsten Folge des Studio Blauschwarz gibt der neue Vizepräsident Salvo Pitino Einblick in seine Ambitionen und darüber, wie er die Diskussion um seine Person bewertet.

Vorab: Wer zu diesen Themen noch einen Überblick braucht, kann sich zunächst mein Video ansehen.

Jedoch lassen die Äußerungen des Präsidiums weiter entscheidende Fragen ungeklärt, zentrale Kritikpunkte werden gar nicht oder nur teilweise entkräftet.

Proficampus: Der FCS ist nun doch Akteur

Die Pressekonferenz im Hotel des Hauptsponsors räumte einen Mythos aus der Welt, den schon Recherchen verschiedener Medien als wenig glaubhaft erschienen ließ: dass der 1. FC Saarbrücken, wie von Pressesprecher Peter Müller im Gespräch mit SaarNews behauptet, „kein Akteur“ in Sachen Proficampus gewesen sei. Präsident Hartmut Ostermann gab zu, dass es „kein Alleingang von Herrn Pitino“ gewesen sei, sondern der „Zustimmung des Präsidiums“ bedurfte.

In einem anderen Punkt brachte die Pressekonferenz dafür keine Klarheit: In welcher Form der 1. FC Saarbrücken nun seine Unterstützung für das Bauvorhaben in der Galgendell signalisiert hat. Ostermann sagt, dass er „ausdrücklich zweimal bestätigt habe, dass der FCS dahinter steht“, verbunden aber mit einer Einschränkung – dass die Stadt die Genehmigung für den Proficampus erteilen soll.

Stadt: Keine Reaktion vom FCS

Oberbürgermeister Uwe Conradt (CDU) soll laut Ostermann bei dem gemeinsamen Ortstermin in der Galgendell am 10. September 2021 dem Bauvorhaben wohlwollend gegenüber gestanden haben. Aus Sicht der Stadt hat man bei dem Termin aber vor allem eines vereinbart: Dass der Investor, also die Maxi Sports GmbH und Salvo Pitino, und der Verein eine verbindliche Vereinbarung vorlegen sollten, damit das Bauverfahren eingeleitet werden sollte – ein Verfahren, bei dem dann auch der Saarbrücker Stadtrat seine Zustimmung erteilen müsste, sowie Lärm- und Naturschutz und Anwohnerbelange berücksichtigt werden müssten. Daran erinnerte die Stadt die Maxi Sports GmbH und Salvo Pitino am 4. Oktober 2021 mit einem Schreiben – laut Stadtverwaltung wurde das nicht beantwortet. 

Laut Stadt gab es einen weiteren Moment, in dem der 1. FC Saarbrücken hätte handeln können: Am 13. Oktober 2022 waren Ostermann und Ex-Vizepräsident Klaus Meiser im Saarbrücker Rathaus und wurden laut Stadt sehr wohl daran erinnert, dass es eine Vereinbarung mit der Maxi Sports GmbH brauche. Auch darauf scheint wohl keine Reaktion erfolgt zu sein.

Widersprüchliche Aussagen zu abgelehnter Anfrage

Interessant ist hierbei ein noch größerer Widerspruch in den Aussagen von Verein und Stadt, der die gescheiterte Anfrage der Maxi Sports zur Umgestaltung städtischer Flächen betrifft. Die Ablehnung teilte das Liegenschaftsamt der Maxi Sports im Juni 2022 mit. Laut Stadtverwaltung wurde dies auch Ostermann und Meiser noch von Uwe Conradt selbst beim Termin im Oktober 2022 mitgeteilt. 

Ostermann selbst sagte am 28. Februar 2023 in der Pressekonferenz hierzu: „Das wurde aus für uns nicht nachvollziehbaren Gründen dann irgendwann im Juni letzten Jahres abgelehnt. Irgendwo ist da irgendwas kommunikativ fehlgelaufen, jedenfalls, wir wurden jetzt erst informiert, dass das von der Stadt nicht zur Verfügung gestellt werden soll oder kann.“ Auf jeden Fall ist etwas schief gelaufen, denn unterschiedlicher können die Versionen kaum ausfallen. Entweder sagt eine Seite die Unwahrheit oder beim FCS wurde nicht richtig zugehört.

Wer will das Sportfeld?

Das FC-Sportfeld

Noch größer sind die Widersprüche beim FC-Sportfeld. Die auf dem Rodenhof gelegene Heimat des FCS ist in die Jahre gekommen und wurde vor allem von Pressesprecher Peter Müller als nicht mehr zeitgemäß benannt. Nach dem Sinne: Die bisherigen Möglichkeiten erschweren eine Professionalisierung des Vereins.

Auf der Pressekonferenz vom 28. Februar behauptete Präsident Ostermann nun, der Verein bemühe sich „einem Jahrzehnt“ um ein Erbbaurecht für das FC-Sportfeld – also die Übernahme des Geländes gegen einen Erbbauzins an die Stadt. Bislang ist der FCS dort Mieter. Tatsächlich war die Übernahme des Sportfelds eine Forderung des 10-Punkte-Plans von 27. September 2017, in dem der Verein von der Stadt Saarbrücken ein zügigeres Handeln in Sachen Stadionneubau forderte.

Laut Stadtverwaltung habe es aber tatsächlich seit Januar 2018 diverse Angebote der Stadt an den Verein gegeben, das Sportfeld im Rahmen eines Erbpachtvertrags zu übernehmen. „Das ist auch in unserem Interesse“, sagte Baudezernent Patrick Berberich in einer Mitteilung vom 28. Februar 2023. Tatsächlich scheint das Interesse des Vereins jedoch fraglich, denn laut Stadt blieben mehrere Schreiben an den FCS unbeantwortet.

Maxi Sports sorgt für Diskussion

Die Maxi Sports GmbH, die sich laut Salvo Pitino rein „um Vermietung und Verwaltung von Immobilien“ kümmert, ist die Eigentümerin des künftigen Proficampus. Der neue Vizepräsident ist laut eigenen Angaben Angestellter der GmbH, wie er im Podcast „Studio blauschwarz“ mitteilte. Hauptgesellschafterin und Geschäftsführerin der 2010 gegründeten Firma ist seine Schwester Alexandra Pitino. „Ich konnte es damals nicht machen, es ist ja bekannt, dass ich auch damals ein Problem mit der Justiz bekommen hatte“, erklärt Pitino im Podcast und spielt auf seine eigene Verurteilung wegen eines Falschgelddeliktes an.

Nicht wenige Diskussionen drehten sich um die Möglichkeit, dass der FCS auf dem neuen Proficampus zum Mieter der Maxi Sports werden könnte – denn Alexandra Pitino ist Mitglied der AfD und arbeitet für die von Josef Dörr (geht gegen seinen Ausschluss aus der AfD an) geführte AfD-Fraktion im saarländischen Landtag. Angesichts der aktuellen FCS-Kampagne „Blau-Schwarz ist Vielfalt“, bei der ein weltoffener Verein, der sich den antirassistischen und antidiskriminierenden Grundsätzen der Vereinssatzung verpflichtet sieht, wäre das also nicht nur ein Schlag gegen das Engagement vieler Fans, sondern auch die eigenen Vereinsziele. Aufsichtsratschef Aron Zimmer verteidigte Pitino bereits gegen Vorwürfe, erklärte aber auch gegenüber dem SR, dass er persönlich einem Mietvertrag mit einer AfD-Politikerin nicht zustimmen würde. Denn: Laut Satzung muss auch der Aufsichtsrat Mietverträgen des Vereins zustimmen.

Salvo Pitino distanziert sich von AfD

Im „Studio blauschwarz“ versuchte Salvo Pitino die Rolle seiner Schwester einzuordnen, leistete sich aber eine inhaltliche Ungenauigkeit: „Sie kennt den Josef Dörr, ich glaube jetzt, gefühlt 20 Jahre. Das war noch in der Zeit als er Landtagsabgeordneter bei den Grünen war.“ Dörr, früher in der CDU und von 1984 bis 2012 Mitglied der Grünen, sitzt allerdings erst seit 2017 im saarländischen Landtag. Damals war er bereits Mitglied der AfD. 

Salvo Pitino stellt im Podcast seine Ansichten als weltoffen dar und sagt: „Es gibt keine politischen Gemeinsamkeiten zwischen mir und meiner Schwester, weil ich andere Werte vertrete. Ich vertrete nicht die Werte der AfD“, und ergänzt: „Nazis gehören auf keinen Fall in ein Fußballstadion.“ Auch Salvo Pitino, Angestellter der Maxi Sports, betonte im Podcast, dass kein Vertrag mit der Firma seiner Schwester abgeschlossen werde.

Fazit: Es gehen noch mehr Transparenz und bessere Kommunikation

Sowohl Präsident Hartmut Ostermann als auch sein neuer Vize Salvo Pitino dürften erkannt haben, dass die gewählte Strategie des Abwartens nicht aufgegangen ist. Peter Müllers Vorstoß im Interview mit SaarNews wurde als Alleingang abgetan, das konnte weder die Dynamik der Diskussion noch den Drang von Presse und Fans nach Antworten aufhalten.

Gelitten hat die Glaubwürdigkeit des Präsidiums, das schon über anderthalb Jahre von Proficampus wusste, aber dies nun erst zugibt. Es mag sein, dass viele im Verein davon gewusst haben, Profis in der Soccerhalle trainierten, sogar ein Fantreffen in der Galgendell stattfand, aber statt frühzeitig transparent Öffentlichkeit zu schaffen und damit Fans, Mitglieder und vielleicht sogar die Stadt von eigenen Vorhaben zu überzeugen, wartete man sehr lange. Vielleicht zu lange. Vielleicht wiegt es das Präsidium in Sicherheit, dass die Stadtverwaltung bei den Fans aufgrund des Stadionumbaus selbst nicht das höchste Ansehen genießt. Nur: Ohne die Zustimmung der Stadt ist ein Proficampus nicht vorstellbar.

Im Podcast „Studio blauschwarz“ gab Salvo Pitino an, sich „wie eine Sau durchs Dorf“ getrieben gefühlt zu haben und wünschte sich auch für sich weniger Diskriminierung – dabei verwechselt er hier das Ziel des Vereins von Antirassismus mit berechtigten, kritischen Fragen von Vereinsmitgliedern, denen er sich erst spät stellte. Möglicherweise hat er unterschätzt, mit welcher Öffentlichkeit das Amt beim mitgliederstärksten Fußballverein des Saarlandes einhergeht. Nur: Geführte Touren über den Proficampus werden auch für ihn nicht ersetzen, sich auch kritischen Fragen stellen zu müssen.

Kritischen Fragen muss sich auch Hartmut Ostermann stellen: Warum gab es nicht die von der Stadt geforderte Vereinbarung mit der Maxi Sports? Warum stellte man das Projekt Proficampus nicht bereits früher – bestenfalls sogar im Rahmen einer Mitgliederversammlung – den Mitgliedern vor? Und wie erklärt er sich die Aussagen der Stadt zur Erbpacht? Ohne Antworten kommt der Verein seiner Professionalisierung vermutlich nicht näher.

Dieser Beitrag wurde unter 1. FC Saarbrücken, 2022/2023, 3. Liga, Verein, Video abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

3 Antworten zu Proficampus, Sportfeld und Pitino: Weiter offene Fragen

  1. Anonymous schreibt:

    Toller Kommentar ! Ich werfe noch gerne ein, dass ein Pitino im Interview mit dem Studio Blauschwarz, analog zu Ostermann’s Aussage, darauf hingewiesen hatte, dass er auf die Gesinnung anderer Menschen keinen Einfluss habe und genauso gut Spieler des FCS einer AFD zugehören könnten. Im ersten Part stimme ich ihm zu, jedoch liegt der beteutende Unterschied darin, dass lange bekannt ist, dass seine Schwester der AFD angehört. Würde bekannt werden, dass ein Spieler oder eine sonstige Person im Verein derartige Werte vertritt, würde diese Person nicht mehr im Verein tätig sein. Dass er nun behauptet, der FCS würde nun doch keinen Vertrag mit Alexandra Pitino in Form der Maxi Sports GmbH schließen, damit habe ich nicht gerechnet. Bislang wurde ausschließlich gegenteiliges behauptet, auch von Pitino selbst. Mit dieser Aussage hat er sich nun ein Ei ins Nest gelegt. Ich bin gespannt wie ein mögliches Vertragsverhältnis aussehen wird, wenn es zur Finalisierung des Projektes kommt.

    • Carsten schreibt:

      So wie ich die Folge verstanden habe, geht es auch letztlich um ein vertragliches Konstrukt ohne die Maxi Sports. Da muss man auch abwarten, wie genau das aussehen wird.

  2. Anonymous schreibt:

    Guter Kommentar …. wer nach all den Jahren noch an die Glaubwürdigkeit des Präsidiums glaubt, dem ist nicht mehr zu helfen. Das ist auch der Grund warum es unter Ostermann niemals aufwärts gehen wird. Die Führung ist unseriös und sportlich inkompetent.
    Der Verein ist zweitrangig, dem Präsidium geht es hauptsächlich darum den eigenen Status zu verwalten und weiter zu klüngeln.
    Wenn sich das Präsidium dann noch in die sportlichen Bereiche einmischt, weiß man aus der Vergangenheit, dass es nun abwärts gehen wird.

Kommentare sind geschlossen.