Zur Sache Reisinger

Reisinger klagt sich zurück in die Schlagzeilen (Foto: Andreas Schlichter)

Reisinger klagt sich zurück in die Schlagzeilen (Foto: Andreas Schlichter)

Ja, die Angelegenheit ist so absurd, dass sie Schlagzeilen wie „Griff ins Klo“ oder meinen Tweet am morgen provoziert: Stefan Reisinger, dem der 1. FC Saarbrücken kündigte, weil er per Handy Cheftrainer Fuat Kilic auf der Toilette fotografierte, hat in erster Instanz vor dem Arbeitsgericht Saarbrücken die Aufhebung seiner Kündigung erreicht. Es ist die Geschichte eines Missverständnisses, das in die nächste Runde geht. Und die eines Richterspruchs, der ein schlechtes Licht auf das Arbeitsgericht Saarbrücken wirft.

Der gewünschte Leitwolf

Um die Geschichte zu verstehen, hilft der Blick zurück in den Winter. Trainer Milan Sasic will den Kader von Jürgen Luginger nahezu komplett umkrempeln, Hauptsponsor und Präsident Hartmut Ostermann gibt grünes Licht und erlaubt die Einkaufstour. Was für Außenstehende wie ein grenzenloses Einkaufsvergnügen ausgesehen hat, war aber keines, da es eben auch noch dem vorhandenen Angebot unterworfen war, das im Winter bekanntlich kleiner als im Sommer ist. So wurde weniger nach Position, als nach Rolle im Mannschaftsgefüge ein erfahrener Leitwolf gesucht, der junge Spieler anleiten und mitreißen und nach Karriereende beim FCS in die Vereinsstruktur eingebunden werden sollte. Gefunden wurde Stefan Reisinger vom Zweitligisten Fortuna Düsseldorf – einigen Stimmen zufolge nicht die erste Wahl beim FCS, aber ein bemerkenswerter Neuzugang.

Nun kennen alle das Ende der Geschichte: Der FCS hat die Wende nicht geschafft und stieg in die Regionalliga ab. Reisinger bestritt aufgrund von anhaltenden Rückenproblemen gerade einmal acht von 17 Spielen, schoss zwei Tore. Nach dem Trainerwechsel von Sasic zu Kilic schien Reisinger laut einigen Quellen aus dem Mannschaftsumfeld zudem unzufrieden mit dem Stil des neuen Übungsleiters. Dann die Klo-Posse, die sich für Außenstehende wie ein missglückter Scherz anhört. Reisinger betonte vor dem Arbeitsgericht, dass er versehentlich auf den Auslöser gekommen sei und nur wissen wollte, wer in der Kabine neben ihm Platz genommen hatte – eine durchaus bemerkenswerte Begründung.

Unter Richtern macht man das schon mal

Bemerkenswert in negativer Hinsicht ist die von der BILD Saarland erwähnte Begründung, die von der Richterin genannt worden sein soll:

„Unter Fußballspielern und Bauarbeitern macht man das schon mal…“

Unabhängig vom Wissensstand der Richterin im Kicker- und Maurermilieu, ist der Ausspruch des „macht man das schon mal“ mehr als fragwürdig als Argument. Würde die Richterin in einem Fall von Sexueller Belästigung am Arbeitsplatz also auch urteilen, dass man das „im Büro schon mal macht“? Nur, weil etwas im sterotypen Bild, das von einer Berufsgruppe existiert, sozial akzeptiert ist, heißt das eben noch lange nicht, dass es richtig ist. Ich hoffe, dass in einer Berufungsverhandlung vom Gericht eine weniger flapsige Wortwahl getroffen wird.

In der Sache Reisinger wird es am Ende wohl nur Verlierer geben: Der FCS und seine Fans, die nicht den Spieler bekamen, auf den alle gehofft hatten. Die sportliche Leitung des FCS insbesondere, weil ein Abstieg und zwei Kündigungen innerhalb einer Saison (François Marque war die Erste) Spuren hinterlassen haben. Und Stefan Reisinger, der ein halbes Jahr keine Wettkampfpraxis hatte und für andere Vereine durch diese Vorgeschichte zum Risiko wird. Er hätte besser auf dem Platz häufiger knipsen sollen, statt dieses eine Mal am falschen Ort.

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