
Pyrotechnik im FCS-Block (Foto: Andreas Schlichter)
Dass Pyrotechnik für richtig guten, emotionalen Fußball so wichtig ist, wie die Gewürzgürkchen für einen richtig guten Hamburger, bewies der Last-Minute-Sieg des 1. FC Saarbrücken bei Eintracht Trier: Überhaupt nicht, obwohl einige es doch mögen. Dennoch werden die Feuerwerkskörper im Heim- und Gästeblock nicht nur Polizei, Verband und Vereine beschäftigen, sondern auch die Fanszene des 1. FC Saarbrücken. Es betrifft nämlich nicht mehr ein rein optisches Stimmungsmittel, sondern auch die Frage nach der Verantwortung – und wer dazu in der Lage ist, Verantwortung zu übernehmen.
Kontrolliertes Abbrennen nicht (mehr) gewünscht
Zunächst die Feststellung: In der Debatte um Pyrotechnik verteilen sich Licht und Schatten längst nicht so eindeutig, wie es die Hardliner auf Seiten der Fans, als auch auf Seiten der Polizei und Innenministerien sehen möchten. Trotz des Scheiterns der Gespräche zwischen Fan- und Verbandsvertretern 2011 erwog die mächtige Seite – also der Verband – zumindest die Möglichkeit des „kontrollierten Abbrennens„, also der Benutzung von Pyrotechnik von bestimmten Personen, an bestimmten Orten, zu bestimmten Zeiten. Eines der Pro-Argumente: Was bei Konzerten mit dicht gedrängten Menschenmassen (man denke an Rammstein-Konzerte) praktiziert wird, sollte auch bei Fußballspielen unter Beachtung der Sicherheit möglich sein. Das aktuelle Verbot hingegen erhöhe die Gefahr, da nur unter ordnungswidrigen Bedingungen – also aus der schutz einer anonymen Menschenmasse heraus – gezündet werden kann.
Gebranntes Kind FCS
Die Gespräche sind eingeschlafen, die Benutzung von Pyrotechnik hingegen nicht. Der 1. FC Saarbrücken wurde im Frühjahr 2015 vom Sportgericht der Regionalliga Südwest zu einer fünfstelligen Geldstrafe, sowie einem Teilauschluss der Zuschauer verurteilt. Die Sperrung der Blöcke D und E wurde allerdings zur Bewährung bis Sommer 2015 ausgesetzt. Damit ist die Bewährungsphase bereits abgelaufen und der FCS entgeht einer sofortigen Anwendung der Blocksperrung – allerdings dürften DFB und Südwestverband beim Spiel in Trier sehr genau hingeschaut haben und aufgrund der vergangenen Strafen mit dem Gedanken spielen, das Strafmaß etwas härter anzusetzen.
Schaden nimmt der Protest gegen die Vereinsführung
Nun darf sich trefflich darüber gestritten werden, ob Pyrotechnik eine letzte Bastion einer Jugendkultur im Kampf gegen die vollständige Kommerzialisierung des Fußballs darstellt, oder ob der Bildwirkung für die Medien, der zu entrichtenden Strafen seitens der Vereine und der langjährigen Stadionverbote eher eine systemerhaltende Rolle einnimmt. Was zumindest innerhalb vieler Kommentare der FCS nach dem Spiel in Trier deutlich wird: Das ambivalente Verhältnis vieler Fans zur Virage Est hat sich weiter verschlechtert.
Aus taktischer Sicht war das Verhalten einiger aktiver Fans in Trier fahrlässig: Auf den Rängen hat es die Virage Est bereits im Ludwigspark oft schwer, akustische Mitstreiter für den eigenen Protest gegen die aktuelle Vereinsführung zu finden. Mittels Plakaten signalisierten die Ostkurvler zudem Sympathie für die Gruppe „UNSERFC„, die den 1. FC Saarbrücken mit einem eigenen Sport- und Finanzkonzept nachhaltig gestalten will. Diesen Wunsch teilt auch die Kurve. Zum seriösen Wirtschaften gehört aber eben auch, dass nicht mehr durch mutwilliges Zündeln Geldstrafen für den Verein provoziert werden. Wer die Verantwortung für den 1. FC Saarbrücken übernehmen möchte und um die Zustimmung seiner Mitglieder wirbt, kommt um die Übernahme der Verantwortung in der Fanszene nicht herum. Sonst wird der Protest gegen berechtigte Schwächen im „System Ostermann“ weiter marginalisiert – und die Virage Est liefert ihren Kritikern die Begründung, sie nicht allzu ernst zu nehmen, frei Haus.
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