Der Wochenspiegel hat anlässlich des 60-jährigen Jubiläums des WM-Qualifikationsspiels Saarland – Deutschland nicht nur ein Retroshirt herausgebracht, das an dieses Spiel und das damalige Hemd von Spielern wie Theo Puff, Herbert Binkert und Herbert Martin erinnern soll, es gibt auch zum Preis von 9,95 Euro (erhältlich bei Globus und dem Wochenspiegel) eine DVD zu den „interessantesten und spannendsten Momente[n] der saarländischen Fußballgeschichte“. Nicht nur die Geschichte hat Höhen und Tiefen erlebt, auch die DVD ist von beiden geprägt. Aber man sollte sich den Film von Sportreporterlegende Karl-Heinz Roland trotzdem anschauen. Eine Rezension.
Der Film:
Karl-Heinz Roland, der ehemalige Sportlehrer und Rundfunkreporter hat bekanntlich aufgrund einer vermuteten Affinität zum FC 08 Homburg nicht immer den höchsten Kredit bei den FCS-Fans. Im Jubiläumsfilm macht er allerdings Vieles richtig. Seine Erfahrung hilft, dass Zeitzeugen – ob Spieler oder Zuschauer – nicht nur Texte aufsagen, sondern trotz ihres hohen Alters lebendig erzählen. Selten waren die glorreichen Tage des 1. FC Saarbrücken greifbarer – aus verschiedenen Brillen wird in der Kulisse des Ludwigsparks in Erinnerungen geschwelgt. Dabei spart der Film nicht aus Originalszenen von Spielen der Saar-Nationalelf, des 1. FC Saarbrücken, Borussia Neunkirchen und des FC 08 Homburg. Gerade die schwarz-weißen Filmstreifen der 1950er Jahre, damals nicht aus der heute üblichen Perspektive auf das Spielfeld gefilmt, gehören zu den Highlights, an denen sich Fans eigentlich nicht satt sehen können.
Lobenswert ist auch, dass Roland die historische Einordnung der Saarnationalelf unternimmt und dabei einen Fachmann zu Wort kommen lässt: Dr. Paul Burgard (Nicht zu wechseln mit dem ehemaligen FCS-Präsidenten Paul Borgard) kann unaufgeregt erklären und bietet eine zusätzliche, spannende Perspektive. Etwas deplatziert wirkt es hingegen, wenn FCK-Vorstandsvorsitzender Stefan Kuntz spitzbübisch in die Kamera grinsen darf und von der Fritz-Walter-Elf schwärmt – wohl das Zugeständnis der Sponsoren an die zahlreichen saarländischen Fans der Roten Teufel. Oder wenn Reinhard Klimmt in zwei Sätzen Stellung zu seiner Abwahl als FCS-Aufsichtsrat bezieht. Das hätte sich der Film durchaus sparen können.
Nachdem der Hauptteil des Filmes mit dem Ende der Saar-Elf nach dem Spiel gegen die B-Nationalmannschaft der Niederlande beschließt, wird sich jeweils einzeln den saarländischen Bundesligisten gewidmet: Im Fokus stehen die Bundesligajahre von FCS, Borussia NK und FCH. Auch diese Aufgabe löst Roland gut, indem er die richtigen Protagonisten erzählen lässt. Wenn „Doc“ Michael Krätzer, Peter Neururer und Bernd Eichmann zusammen über den Bundesliga-Aufstieg und den anschließenden Heimflug 1992 witzeln. Oder der Homburger Trikotsponsorskandal um einen Kondomhersteller zur Sprache kommt. Es lässt das Nostalgikerherz höher schlagen.
Aus dem Rahmen fallen die letzten zehn Minuten, in denen Roland erst der Frauen- und Mädchenfußball an der Saar kurz abfrühstückt und danach noch ein Beitrag über das Wirken von Hermann Neuberger als Funktionär anhängt. Zwar wird – auch dank Dr. Burgard – mit angeblichen Verstrickungen Neubergers in eine bevorzugte Behandlung des FCS aufgeräumt. Sonst fehlt aber jegliche kritische Betrachtung des Mannes, dessen DFB immer der Altherrenverband war, der zu seinem Tiefpunkt Ende der 1970er keine Probleme hatte, sich mit einer Militärjunta gemein zu machen.
Die Ausstattung:
Die DVD hat eine Gesamtspielzeit von knapp 90 Minuten – also ganz im Sinne eines Fußballspiels. Leider hat der Wochenspiegel, obwohl er das Projekt in die Hände der nicht untalentierten Globe tv, immerhin zur Familie des Saarländischen Rundfunks zählend, eigentlich eine VHS in DVD-Verkleidung produzieren lassen. Nach dem Einlegen in den DVD-Player beginnt sofort die Dokumentation. Es gibt weder ein DVD-Menü, noch eine Kapitelübersicht, weil es eben nur einen Film gibt – ergo ein Kapitel. Ob Wochenspiegel und Globe tv hier einen sehr konsequenten Retroansatz verfolgt haben oder ob das schlichte Stümperhaftigkeit war, bleibt das Geheimnis der Produzenten. So muss sich das Anschauen von DVDs kurz nach Erfindung des Mediums angefühlt haben. Im dazugehörigen Begleitheftchen findet sich ein Grußwort, viele Huldigungen an Beteiligte und Sponsoren, aber auch ein paar nette, sehenswerte Schnappschüsse der Saar-Nationalelf der 1950er Jahre. Auch nett.
Fazit:
Es gibt so einiges auszusetzen an dieser DVD, die im Jahr 2014 sicher deutlich weniger bietet, als eigentlich anzubieten wäre. Der Vorwurf kann sicherlich nicht Roland gemacht werden, der ein lebendiges und würdevolles Porträt der Saar-Nationalelf und den saarländischen Mannschaften in der Bundesliga liefert. Leider offenbart das fertige Produkt dann auch, wie weit das Saarland in fast allen Belangen hinter anderen Bundesländern liegt. Vielleicht sollte man sich auch einfach trotzdem aus diesem Aspekt die DVD sichern, da zu befürchten bleibt, dass es auf lange Zeit die Letzte ihrer Art sein wird. Oder dass aber die Verkaufszahlen und Rückmeldungen dafür sorgen, dass es in dieser Hinsicht doch etwas früher qualitativ angemessenen Nachschub gibt.