In den FCSBlog-Sommerinterviews kommen Gäste rund um den Fußball zu Wort. Ein kleiner Schwerpunkt liegt 2013 auf dem Saarfußball. Beginnen möchte ich die Reihe mit dem ludwigspark.de- und FCS-Forumsnutzer „goalgetter13“. Unter diesem Pseudonym finden Nutzer besagter Webseiten Vorberichte und Spielanalysen, von denen sich so manches traditionelle Medium wie die Saarbrücker Zeitung mehr als nur eine dicke Scheibe abschneiden können. Das FCSBlog hat zum ersten Mal mit dem FCS-Fan hinter dem Alias gesprochen.
FCSBlog: Hallo goalgetter13, stell Dich doch mal kurz für Leser vor, die nicht unbedingt in den Foren ludwigspark.de oder auf fcsaarbruecken.de unterwegs sind!
goalgetter13: Hallo, mein Name ist Jan, bin 20 Jahre alt, aus Saarbrücken und seit Kindesbeines ein glühender Blauschwarzer. Im Stadion stehe ich seit gut zwei Jahren bei der Virage im E-Block, nehme zusätzlich so viele Auswärtsspiele wie möglich mit. Dazu bin ich seit zwei oder drei Jahren im Forum auf der Vereinsseite und seit knapp vier Monaten auch verstärkt beim Forum von Ludwigspark.de unter dem User-Namen goalgetter13 aktiv. Von praktisch allen besuchten Spielen verfasse ich im Anschluss auch einen „kleinen“ Spielbericht und stelle diese ebenso wie Vorberichte in den beiden Foren ein. Wer sich bisher noch nicht auf die Foren eingelassen hat darf gerne mal einen Blick in die Foren werden, vielleicht findet er ja ebenfalls gefallen an der Geschichte.
Wie bist Du dazu gekommen, Deine durchaus langen Analysen zu schreiben?
Das hat sich mit der Zeit entwickelt, zu Beginn habe ich noch deutlich kürzere Texte verfasst. Ich bin Hobby-Analytiker, es macht mir großen Spaß Fußballspiele zu analysieren und im Laufe der letzten Jahre sind die Berichte kontinuierlich gewachsen bis zur heutigen Größe. Ich diskutiere (auch abseits des Internets) gerne über Fußball und da stehen die Spiele unserer Truppe klar im Blickpunkt. Zudem hoffe ich dass diese Berichte dem nicht anwesenden Fan das letzte Spiel ein wenig näher bringen können. Von einem Fan für Fans sozusagen.
Welche Art von Texten schreibst Du am Liebsten? Vorberichte, Nachberichte, Portraits?
Am Wohlsten fühle ich mich bei den Spielberichten, sofern der FC gewonnen hat versteht sich. Nach längeren Niederlagen-Serien dagegen kann es auch mal passieren das Berichte ausfallen, ich leide da Fantypisch doch sehr mit. Vorberichte und Portraits sind mitunter sehr zahlenlastig was es für andere User sicher ein Stück langweiliger macht, ich persönlich spiele jedoch gerne mit Zahlen und Statistiken.
Wie sehr inspririeren Dich Seiten wie spielverlagerung.de?
Ich denke, ich habe über den bisherigen Zeitraum einen eigenen Stil gefunden, der sich jedoch immer wieder verändert. Dabei habe ich jedoch nie bewusst Elemente von anderen Seiten oder Usern übernommen, trotzdem denke ich das gerade spielverlagerung.de unbewusst einen gewissen Anteil an der momentanen Struktur hat. Ich schaue sehr gerne auf die Taktik und lese auch viel auf der entsprechenden Seite. Ich möchte mich aber auch ungern auf einen Bereich fixieren, Fußball ist nicht nur Taktik oder nur Emotionen.
Du hast in Deinem Saisonfazit davon gesprochen, dass sich der FCS „eineinhalb Jahre Depression“ hinter sich hat. Welche Art von Depression?
Das Umfeld des FCS bewegt sich in seinem Anspruchsdenken auf Zweitliganiveau mit Tendenzen nach oben. Entsprechend Groß ist auch die Erwartungshaltung, auch wenn der Anspruch und die Realität sich jährlich weiter auseinanderdividieren.
Nach dem Fall in die Oberliga konnte man dieses Anspruchsdenken ein Jahr in der 3.Liga unterdrücken, mit der starken Hinrunde 2011/12 kehrte jedoch all die Hoffnung auf die zweite Liga zurück. In Saarbrücken bedarf es nur eines Funken und es kann eine gewaltige Euphorie entstehen. Plötzlich hatte man 8.000 Zuschauer gegen Wehen, eine positive Grundstimmung wie lange nicht mehr. Der weitere Weg ist bekannt, die Mannschaft konnte den Level nicht halten und fiel weit zurück. Die großen Hoffnungen, auch wenn es früh in der Saison war, waren zerplatzt, der Traum von der 2.Liga ausgeträumt. Ab diesem Zeitpunkt zeigte sich aber wieder dass die 3.Liga in Saarbrücken auf Dauer nicht zu verkaufen ist. Wir sind in dieser Hinsicht Anspruchsvoller als in Erfurt, in Jena, in Halle oder in Darmstadt. In dieser Liga mobilisierst du kaum Leute. Der harte Fall vom Aufstiegstraum ins Mittelfeld hat bis heute Auswirkungen, die Stimmung im Umfeld ist seither bis auf wenige Phasen eher negativ behaftet, die Zuschauerzahlen gehen zurück. Es fehlt der Initialzünder um eine neue Grundeuphorie zu entfachen, ein Moment der das Umfeld aufweckt. Es mag grotesk klingen, aber die Folgen dieser starken Hinrunde haben wir bis heute nicht überwunden.
Es ist also eine Depression aus dem großen Traum 2.Bundesliga und der Erkenntnis dass die Mannschaft und der FC sich aktuell nicht in der Verfassung zeigen um in naher Zukunft die 2.Liga anzupeilen. Mittelmaß in der 3.Liga lässt sich, wie bereits erwähnt, jedoch nicht verkaufen.
Was müsste sich 2013/14 Deiner Meinung nach ändern?
Alle Punkte zu benennen würde wohl den Rahmen sprengen. Ganz wichtig ist es aus meiner Sicht jedoch endlich den Schatten Stadion zur Seite zu legen. Ob und was bei diesem Thema passiert liegt nicht in der Hand des Vereins, der Club hat sich aber allzu lange an die Hoffnung Stadion geklammert. Es gilt die Bereiche zu stärken in denen der FCS Einfluss nehmen kann. Die Außendarstellung oder das Marketing beispielsweise müssen endlich auf Drittliganiveau gebracht werden, der Auftritt nach außen hin professioneller.
Man nehme nur die Posse nach Schalke, ein Desaster für den Club. Ich hoffe dass auf der kommenden Mitgliederversammlung ein Teil der aktuellen Verantwortlichen nicht mehr wiedergewählt werden und neue Leute eine Chance erhalten.
Sportlich hat man in dieser Saison eine große Chance. Viele Stammspieler der letzten Jahre haben den Verein verlassen und es besteht nun Handlungsspielraum um den mittelmäßigen Stamm der letzten drei Jahre neu zu besetzen. Mit einer Transferpolitik und passenden Neuzugängen ist es möglich trotz oder gerade wegen der vielen Abgänge in der kommenden Saison endlich den nächsten Schritt zu gehen. Es ist viel Risiko dabei, aber mit dem Transfer von Fischer aus Osnabrück wurde meiner Meinung nach ein guter Auftakt getätigt. Dazu habe ich die Hoffnung dass wir wieder mehr Euphorie und eine positive Grundstimmung nach Saarbrücken bringen können. Sei es durch eine Saison in Reichweite der Aufstiegsplätze, durch eine ordentliche DFB-Pokalsaison oder dergleichen. Eventuell würden sich dann auch die Zuschauerzahlen ein wenig erholen, zu wünschen wäre es.
Jürgen Luginger ist bislang eigentlich nie ganz unumstritten gewesen. Zurecht?
Der Trainer ist wie so häufig der Sündenbock bei einer sportlichen Misere. Als Nachfolger von Ferner hatte er es zudem noch nie leicht in Saarbrücken. Aus meiner Sicht wird ihm jedoch häufig Unrecht getan und ich bin eher „Pro-Luginger“. Luginger hat in den letzten Jahren mit Sicherheit seine Fehler gemacht. Ihm fehlen seit letzter Saison ein Sportdirektor, ein zweiter Mann neben ihm für den sportlichen Bereich. Das Fehlen dieser Person merkt man. In seiner kompletten Amtszeit konnte er nie die Defensivprobleme beseitigen.
Zudem fehlt unter seiner Regentschaft auch der Schritt nach vorne, raus aus dem Mittelmaß. Der Trainer hatte jedoch auch noch nie die Möglichkeit mit einem Kader zu arbeiten der mehr als Mittelmaß ist und ist ein Trainer der auch in schwierigen Phasen die Ruhe behält und die richtigen Antworten findet. Sowohl in der ersten als auch in der abgelaufenen Drittligasaison konnte er das Ruder herumreißen als im Umfeld sein Schicksal bereits besiegelt war. Unter dem Strich leistet er aus meinem Blickwinkel ordentliche Arbeit. Mit einem mittelmäßigen Kader sind in der Regel auch nur mittelmäßige Ergebnisse zu erzielen. Es ist sicherlich kein Zufall, das Luginger der erste Trainer seit langer Ewigkeiten ist der drei Saisons beim FC in Serie überlebt hat. Und Kontinuität tut diesem Verein sicher gut.
Gerade in den schwächeren Phasen gilt es aus meiner Sicht die Mannschaft und die Spieler stärker in die Pflicht zu nehmen. Individuelle Fehler oder Lustlosigkeit lassen sich nicht auf den Trainer reduzieren. Oder es gilt die Qualität des Kaders realistischer zu beurteilen. Zu viele Spieler und die Mannschaften der letzten Jahre werden stärker angesehen als sie aus meiner Sicht wirklich sind.
Ich hoffe Luginger gelingt in absehbarer Zeit auch der sichtbare Durchbruch, bei weiteren Zittersaisons wird er irgendwann gehen müssen. Denn klar ist die Schritte nach vorne müssen gegangen werden, das dauerhafte Treten auf der Stelle wird sich der Verein nicht leisten können.
Du beobachtest in Deinen Analysen auch neben dem Sportlichen oft die Fanszene. Erschwert das nicht die Beobachtung ein wenig?
Zu einem gewissen Maße schon. Aber alleine aufgrund der Tatsache dass ich Mitten im Fanblock stehe würde ich nie behaupten dass die Berichte Fehlerfrei sind. Es sollen aber auch nicht zwingend „perfekte“ Analysen sein, sondern ich versuche aufzuzeigen was hängen geblieben ist und was man als Fan aus den Spielen mitnehmen kann. Ein Stück weit soll meine Gefühlslage in meinen Berichten nachvollziehbar sein. Und zum Fußball für mich neben dem Spiel auch das Auftreten der Fanlager und Zuschauer davor, ohne Atmosphäre wäre der Fußball um ein wichtiges Gut ärmer.
Aus obigen Gründen bin ich aber auch froh darum in den Foren zu schreiben und z.b nicht bei Online-Portalen. Ich kann meinen Stil und meine Gewichtung durchziehen und ich habe nicht das Gefühl ich müsste schreiben. Das sehe ich für mich als wichtig an.
Würdest Du Dich selbst in eine Fan-Kategorie wie „Ultra“ oder „Supporter“ einordnen oder lehnst Du solche Kategorisierungen für Dich ab?
Ich mag die entsprechenden Unterteilungen nicht und fühle mich daher auch zu keiner Fraktion hingezogen. Es spielt im Grunde keine Rolle ob ich „Ultra“ oder Tribünensitzer bin, ob ich seit zehn Jahren oder erst seit drei Monaten zum FC gehe. Bei all diesen Diskussionen geht zu oft die Basis verloren, wir alle sind FC-ler und wir sollten über jeden Zuschauer froh sein der den Weg in den Park findet. Der Zusammenhalt in unserer Fanszene müsste gestärkt werden, die einzelnen Teile müssten sich ein Stück weit zurücknehmen. Unser FCS kann nur mit einem geeinten Fanlager stark sein!
Für mich persönlich lehne ich die Kategorisierungen auch ab, ich sehe mich weder als Ultra noch als Supporter. Dafür sind mir manche Mentalitäten und Ansicht der Ultras zu fremd.
Zum Abschluss: Welchen Satz wirst Du hoffentlich im Saisonfazit 2013/14 schreiben?
Willkommen zurück in der 2.Bundesliga, 1.FC Saarbrücken 😉
Vielen Dank für das Interview!
goalgetter13 ist mit seinen Beiträgen eine Blume der Sachlichkeit auf dem Misthaufen der Dummschreier aka. FCS-Umfeld.